… so in etwa geht es mir im Moment.
Nein, mein Leben ist in keinster Weise langweilig, aber auch nicht wirklich ein
Abenteuer. Oft eben einfach Alltag.
Und wie sieht der aus? Na, letzte
Woche zum Beispiel so:
5:00 Uhr – der Wecker klingelt. Clyde
rührt sich noch nicht (er ist ein Morgenmuffel). Ich stehe auf, und gehe ins
Bad. Auf dem Weg dahin laufe ich an meinem (fast) fertig gepackten Rucksack
vorbei und denke: Ach, könnte ich doch jetzt loslaufen! Aber heute Morgen
laufen wir, nachdem ich Clyde endlich überredet habe aus dem Bett zu kommen, erstmal
Gassi. Die morgendliche Runde wie immer.
6.30 Uhr – auf dem Weg zur Arbeit spielen
sie im Radio der Song ‚Morning has broken‘ von Cat Stevens. Sofort muss ich an
meine Pilgerreise in 2011 denken. Wenn ich einen guten Tag hatte, habe ich oft
am Morgen dieses Lied für mich geträllert. Draußen in der Natur, unterwegs,
klang es aber – obschon ich keine so begnadete Sängerin bin – irgendwie besser
….
07:00 Uhr. Im Büro bin ich wie immer
die Erste. Gut, das gibt mir Zeit ein bisschen im Internet zu surfen bzw. auf
meine Facebook-Seite zu gehen. Ich bin ja in ein paar Gruppen, die sich
thematisch mit dem Jakobsweg beschäftigen und ich kann für ein paar Minuten in
die Welt des Caminos abtauchen. Es gibt
Pilgerberichte, Fragen und Antworten, Meinungen und viele Bilder. Ich habe das
Gefühl, der Jakobsweg ruft mich - und doch, ich sehne mich irgendwie wohl nur danach,
wieder einmal ungestört Zeit mit mir zu verbringen; mich 24 Stunden ungefiltert
wahrzunehmen – einer der vielen „Segen“ des Pilgerns …
12:00 Uhr. Der Tag zieht sich. Mir
scheint, die Zeit bis zur Abreise verrinnt mal wieder zu langsam und ich kämpfe
- auch mal wieder - mit meiner Ungeduld.
Ich gehöre prinzipiell nicht zu der
‚Endlich-Freitag-Fraktion‘. Doch ich gebe zu, ich freue mich jetzt schon, wenn
es endlich Freitag ist und ich wieder eine Woche näher an meiner diesjährigen Pilgerreise
bin …
16:00 Uhr. Endlich Feierabend. Erstmal
Clyde bei der Dogsitterin abholen. Wir unterhalten uns noch kurz über die
Verfügbarkeiten der nächsten Wochen. Ich erwähne dann natürlich auch, dass ich
demnächst 3 Wochen Urlaub habe und der Hund dann nicht kommt. Und sehr gerne
beantworte ich die Frage, was ich denn im Urlaub machen werde. Pilger?
Wirklich? Wo denn und wie lange … Schnell ist eine halbe Stunde rum, da ich so
ins Schwärmen gerate.
20:00 Uhr. Ich hatte mir kürzlich
eine Doku zum Thema Jakobsweg aufgezeichnet und die schauen ich mir an. Kommt
ja sonst eh nix Vernünftiges im Fernsehen.
Ich werde dann ein bisschen wehmütig
als ich die Bilder so an mir vorüberfliegen sehe, auch wenn die Kommentare auf
mich teilweise etwas gekünstelt wirken. Aber wer den Weg schon ging, ist wohl
auch nicht die direkte Zielgruppe der Filmemacher.
22.00 Uhr. Zeit ins Bett zu gehen.
Clyde ist schon total schläfrig und mag nicht mal mehr sein Betthupferl. Also
Licht aus … als ich dann aber so da liege und in Gedanken den gerade gesehenen
Bildern nachhänge, fallen mir spontan ein paar Sätze ein, die ich mir gleich
notieren muss, bevor ich dann endgültig ins Reich der Träume abdrifte:
Für fast 20 Jahre war ich ziemlich fest davon überzeugt,
dass sich mein Traum davon, den Jakobsweg zu pilgern, nie erfüllen wird.
Zunächst waren es finanzielle, dann gesundheitliche Gründe ... aber ich habe
die Hoffnung nicht aufgegeben und konnte mir dann im Jahr 2011 diesen Wunsch
erfüllen, von Deutschland aus am Stück nach Spanien zu pilgern. Umso mehr habe
ich den Weg genossen und umso intensiver war das Erleben.
Und jetzt? Der Virus hat mich gepackt und ich träume von
meiner nächsten Pilgerreise. Leider sind meine Lebensumstände im Moment nicht
so, dass ich wieder 3 Monate am Stück unterwegs sein könnte. Und ich glaube
auch nicht, dass dieses Erlebnis so ‚wiederholt‘ werden kann.
Aber ich halte daran fest, dass ich wieder pilgern werde, diesmal
eben nicht so lange und näher dran …
Was ich sagen will ist, solange ich die Sehnsucht nach dem
Weg in mir trage, solange weiß ich, dass ich wieder komme. - Ich wünsche jedem
diese Sehnsucht. Vielleicht nicht dieses Jahr und vielleicht auch nicht
nächstes, aber ich bin davon überzeugt, solange Du den Weg nicht loslässt,
lässt er Dich auch nicht los ...
In diesem Sinne: Bon Courage!
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