Tag 2, 24.5.15
»Jeder, der sich die Fähigkeit erhält, Schönes zu
erkennen, wird nie alt werden.«
(Franz Kafka)
Ich habe sehr gut geschlafen, was ich
nicht wirklich verwunderlich finde. Aber zu meiner üblichen Aufstehzeit bin ich
wach. Ist noch bisschen früh, so döse ich weiter vor mich hin. Klaus schläft
noch, Clyde kommt und will bisschen kuscheln. Ist ja praktisch für ihn, dass mein
„Bett“ so nah am Boden ist.
Als ich dann aufstehe, bemerke ich,
dass ich nichts merke. Soll heißen, mir tut nichts weh und ich kann mich locker
bewegen. Ich bin erstaunt, finde das aber richtig gut. Okay, als ich die Treppe
runtergehe, spüre ich dann doch ein leichtes Ziehen im linken Knie, aber nichts
Ernsthaftes. Mal sehen, wie es dann heute Abend ist.
Als erstes bekommt natürlich Clyde
sein Frühstück und eine Runde spazieren gehen. Dann sind wir dran. Inge hat uns
ein tolles Frühstück gemacht, dass dem in einem Hotel in nichts nachsteht. So
sitzen wir dann auch ewig und essen und trinken Kaffee und reden. Eigentlich
wollten wir gegen halb zehn wieder unterwegs sein, aber es wird dann halb elf.
Naja, egal, wir haben ja keine Termine am Abend und es ist prinzipiell egal
wann wir ankommen.
Wir bekommen dann jeder eine extra
große Vespertüte mit (Brötchen mit Käse und Wurst und Obst) und sind bald
abmarschbereit. Inge begleitet uns noch ein Stück. Am Ortsrand bedanken und
verabschieden wir uns und sind wieder unterwegs.
Wir haben beschlossen einen anderen
Weg zurück zu laufen, sind also nicht direkt auf dem Jakobsweg unterwegs. Aber
Pilger ist man im Herzen und so macht es nichts, wenn man mal von der Strecke abweicht.
Erstes Ziel, der Ort Aßmanshardt. Die
Pfarrkirche St. Michael überragt den ganzen Ort. Sie sieht beeindruckend aus,
aber es ist Sonntagmorgen und so wird es nichts mit einem Blick ins Innere, da
bestimmt Gottesdienst ist. Wir ächzen einen Berg rauf und versuchen uns daran
zu erinnern, was Inge zwecks Wegführung gesagt hat (so ganz ohne Zeichen komme
ich mir doch etwas verloren vor).
Oben finden wir eine schöne Bank, an
der wir erstmal eine Pause machen. Als wir dann weitergehen wollen, sind wir
uns nicht sicher wo lang. Klaus meint der Weg geradeaus sei es. Ich denke, er
kennt sich in der Gegend ein bisschen aus und folge ihm. Bin mir dann aber
nicht mehr ganz sicher und befrage Google. Und siehe da, wir hätten weiter
vorne abbiegen sollen. Doch Google weiß auch, dass wir hier gleich den Weg
nehmen können und dann weiter vorne wieder auf den ursprünglichen Weg treffen.
Okay, dann los …
Der Weg entpuppt sich als etwas anspruchsvoll, vor allem für
den Wagen. Waldarbeiter haben hier mit schwerem Gerät gearbeitet und der Boden
ist aufgewühlt und von den Regenfällen der letzten Woche noch ziemlich aufgeweicht.
Clyde muss laufen, Klaus schiebt tapfer den roten Flitzer durch den Matsch (der
hier nun absolute Geländetauglichkeit beweist) und ich stiefele hinterher.
Als wir es endlich aus dem Wald
geschafft haben, liegt rechts von uns Alberweiler. Doch wir lassen es eben da
liegen und laufen weiter geradeaus. Zwar verpassen wir so das Schlössle
Alberweiler, aber das kann man eh nur von außen bestaunen. Und in der Ferne sehen
wir schon den Kirchturm von Schemmerhofen.
Es ist herrlich zu laufen. Der
Rucksack scheint heute irgendwie viel leichter als gestern und besser zu
sitzen. Die Luft ist nicht so schwül und es weht eine angenehme Brise. Vielleicht
liegt es auch daran, dass wir heute mehr Pausen einlegen. Oft nur 5 – 10 Minuten,
aber es macht doch etwas aus.
Nach weiteren 3 km erreichen wir dann
Schemmerberg, wo wir wieder auf den Jakobsweg
treffen. Heute wollen wir auch zur Kirche St. Martin hinauf. Diese liegt
am höchsten Punkt des Ortes und wir kommen fast ins Schwitzen als wir die gut
600 m den Berg raufsteigen.
Doch es lohnt sich. Zum einen hat der Obst- und
Gartenbauverein hier ein schönes Rastplätzchen für Pilger geschaffen. Außerdem
gibt es im Gemeindehaus ein für Pilger zugängliches WC. Die Aussicht ist
einfach klasse und die Kirche ein wahres Kleinod. Ich hole mir einen Stempel
und verweile für einen Augenblick.
Der Platz ist so schön und ruhig,
dass wir fast eine Stunde sitzen bleiben.
Vom Kirchhof aus hat man wirklich
einen tollen Rundumblick ins Land. Man kann sogar das orangene Laupheimer
Hochhaus sehen. Scheint ein Katzensprung, aber eben nur Luftlinie. Wir machen
wir uns auf, die letzten 8 km zu pilgern.
Vorbei am Baggersee, in dem aber noch
keiner badet, sind wir nach ca. 22 km gegen 5 Uhr in Laupheim. Etwas müde, aber
guter Dinge, das wir die Tour im Juli machen können – mit ein paar Änderungen
zwar, aber da darf man eben flexibel sein. Nach einer heißen Dusche und einem
kleinen Abendessen sieht die Welt schon wieder ganz rosig aus.
Clyde ist ziemlich KO. Er ist heute
etwas mehr gelaufen, doch er hätte im Wagen sitzen können, wenn er gewollt hätte.
Zumal, nachdem er feststellte, dass es echt toll ist rumkutschiert zu werden und
dabei die Nase in den Wind zu stecken, er ganz gerne darin ist. Allerdings steht er die meiste Zeit. Das hat natürlich zur
Folge, dass er tagsüber weniger seiner üblichen Schlaf- bzw. Ruhepausen hat. Ich
werde das in meiner Planung für Juli bedenken und die Etappen anpassen. Acht Tage
am Stück würden wohl auch zu anstrengend für ihn (ist ja schließlich nicht mehr der Jüngste). Aber dann pausieren wir zwischendrin einfach
mal und laufen kürzere Strecken.
Alles machbar, wenn man in Lösungen denkt …
Alles machbar, wenn man in Lösungen denkt …
Erkenntnisse des Tages:
1. Deutschland ist richtig schön
2. Ich sollte vielleicht noch ein
bisschen trainieren.
3. der Rucksack muss leichter werden!...
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