Unsere Pilgerreise ist zu Ende. Klaus meint, nachdem er meinen letzten Blogbeitrag gelesen hat: Wir waren viel zu kurz unterwegs! Nun, dann trifft unterbrochen es wohl besser. Auch ich bin mir sicher, dass wir es wieder tun werden, wie viele, die der Virus einmal gepackt hat. Ganz nach dem Motto: Das Ende einer Etappe ist nur der Anfang einer anderen…
Meine ‚Arbeit‘ beginnt ja oft erst dann,
wenn die Reise zu Ende ist und ich meine Notizen aufarbeite. Was heißt Arbeit?
Ich schreibe sehr gerne und es bringt mich nochmal ein bisschen auf den Weg
zurück. An dieser Stelle übrigens ein ‚Danke‘ an die Leser, die zumindest
virtuell ein Stück mitgelaufen sind. Gefreut habe ich mich auch über all die
netten Kommentare. Vielen Dank dafür!
Während ich nun also die Notizen
durchgelesen habe, kommen mir noch ein paar Dinge in den Sinn …
Natürlich habe ich einen kleinen
Vergleich mit meinem großen Camino von 2011 gezogen. Okay, irgendwie ist es
nicht wirklich zu vergleichen, denn die zwei Pilgerreise könnten unterschiedlicher nicht
sein:
Damals bin ich alleine, mitten im
Winter losgezogen. War drei Monate unterwegs. Quer durch Frankreich und
Nordspanien. Ziemlich unvorbereitet und recht ahnungslos. Habe sehr viel mit
mir selbst gekämpft – innerlich und äußerlich.
Und doch hatten die beiden Reisen durchaus
Gemeinsamkeiten. Es fängt damit an, sich einfach auf den Weg machen. Zu Fuß der
gelben Muschel auf blauem Grund folgen. Abstand nehmen zum Alltag, wieder ein
bisschen näher zu sich selbst finden. Innehalten. Natur erleben, seine eigenen
Grenzen kennenlernen … und alles was man benötigt auf dem Rücken tragend.
Apropos, wenn ich da schon beim Thema
bin … Mir kam der Gedanke, hätte ich in 2011 gewusst, wie wenig Gepäck ich
benötige, hätte ich mir wohl einiges an Schulterschmerzen erspart. Der Rucksack
diesmal war rein vom Volumen her schon 20 l kleiner und nicht einmal ganz voll.
Ich habe zu keiner Zeit das Gefühl gehabt, er drückt, belastet, ist zu schwer.
Manchmal habe ich in überhaupt nicht gespürt, erst beim Abnehmen.
Ich erkenne aber auch, dass ich auf
meiner ersten Pilgerreise einfach noch mehr Ballast zu tragen hatte, manches
wohl auch nicht loslassen konnte. Dies gilt im übertragenen, wie im wörtlichen Sinn,
denn das hat sich dann eben auch in meinem Gepäck widergespiegelt.
Eine gute Ausrüstung lohnt sich, so
meine Meinung. Das heißt aber nicht, dass alles ‚High Tech‘ und teuer sein muss
(der Preis sagt nichts über die Qualität aus). Aber z.B. Funktionskleidung ist
etwas Sinnvolles. Alleine schon, weil sie leicht ist und schneller trocknet. Es
gibt auch keine Pauschalempfehlung für Dinge wie Schuhe etc. Ich denke, dass
muss jeder für sich herausfinden, ausprobieren.
Was unsere Erlebnisse betrifft, mit
Hund zu pilgern … Der Wagen hat sich bewährt. Soviel ist sicher. Nicht nur war
es eine Entlastung für Clyde, so dass er nicht die ganze Strecke laufen musste
(er hat ja doch etwas kürzere Beine). Auch das er z.B. in Städten oder wenn der
Weg an einer Straße entlang führt darin sicher aufgehoben ist. Auch kann sein
Gepäck (Handtuch, Futter etc.) darin transportiert werden.
Die Hundeanhänger/ -wagen sind nicht
besonders gefedert. Besser gesagt gar nicht. So hatte ich für seinen ‚Ferrari‘ eine
Matratze besorgt. Diese ist aus festem Schaumstoff und genau an den Wagen
angepasst (mit Platz um vorne eine Flasche Wasser ‚einzuklemmen‘). Vorteil ist
zum einen natürlich die Polsterung und der Hund steht nicht auf dem nackten Boden.
Zum anderen hat es den Effekt, dass Clyde höher sitzt. Und dann auch wirklich
sitzt und nicht nur steht um rauszuschauen.
Es war schön ihn dabei zu haben. Doch
es ist auch anstrengender. Der Wagen muss geschoben werden, was bei machen
Abschnitten des Weges gar nicht so einfach war; ich sag nur Bachläufe und
Treppen. Ganz zu schweigen von umgestürzten Bäumen, über die man den Wagen
hieven muss.
Anstrengend ist es auch für den Hund.
Er hat einfach nicht seine gewohnten Ruhepausen, die Umgebung ist ungewohnt und
er versteht ja nicht wirklich was passiert. Und Clyde ist nicht mehr so ganz
der Jüngste und die Hitze hat ihm doch sehr zu schaffen gemacht.
Mit Hund ist man gebundener. Soll heißen,
die Übernachtungsmöglichkeiten sind eingeschränkter, auch Besuche in Kirchen oder
im Supermarkt sind mit Hund meist nicht möglich. Wie gesagt, es war eine tolle
Erfahrung ihn dabei zu haben, aber ob wir das nochmal tun, keine Ahnung …
Noch eine Anmerkung: der Wagen lässt
sich mühelos zu einem Fahrradanhänger umbauen, wofür er weiterhin benutzt wird.
»Man muss es aushalten, denn am Ende ist man wohl nicht
nur derjenige, der man war und ist und sein wollte, sondern auch derjenige, den
die anderen sehen.«

Andererseits war es schön, das
Erlebte gleich zu teilen. Das hat es dann vertieft, denn – so haben wir
festgestellt – jeder sieht die Welt mit seinen Augen. Will sagen, oft hat Klaus
Dinge gesehen oder wahrgenommen, die mir nicht aufgefallen sind – um umgekehrt.
Das hat die Pilgerreise vielfältiger gemacht. Auch z.B. das ich nicht immer
alleine entscheiden musste, welchen Weg ich gehe, wenn ein Wegweiser fehlte. Es
ist ein intensiveres Zusammensein, 24 Stunden am Tag. Ich lerne Rücksicht
nehmen, vielleicht Kompromisse eingehen und doch immer ich bleiben.
Was ich wirklich empfehlen kann: Wir
hatten ein Handy für den Notfall dabei, aber das war die ganze Zeit im Rucksack
‚vergraben‘. Ansonsten kein Fernsehen, kein Radio, keine Telefonate, kein
Internet. Einfach mal ganz und gar weg sein. Macht den Kopf frei …
Wie immer waren die Begegnungen auf
dem Weg etwas Besonderes. Die unterschiedlichsten Typen von Menschen, die sich
im normalen Alltag wahrscheinlich nicht begegnen würden. Und auch wenn jeder
ein anderes Motiv hat, sich auf die Reise zu begeben, so streben wir alle einem
Ziel entgegen. Und damit meine ich nicht nur im eigentlichen Sinn Santiago.
Nein, eher das Unterwegs sein, das mit sich sein, das laufen und sich dabei
sehen, wie weit reichen meine Kräfte – um sich am Ende des Tages zu freuen das
Etappenziel erreicht zu haben. Sofort ist unter Pilgern eine Vertrautheit da,
die ich sonst nur aus meiner Selbsthilfegruppe kenne. Das Verbindende ist
wichtig, nicht das was trennt.
Und noch ein Gedanke zum Schluss: Das
Reisen ist wie ein Leben im Zeitraffer. Alles passiert irgendwie superschnell.
Auch wenn man zu Fuß unterwegs ist. Doch, all die Begegnungen, all die
Abschiede und auch das Loslassen lernt man schneller. Man lernt sich selbst
besser kennen und entdeckt viel Neues innerhalb und nicht nur außerhalb von
seinem selbst. Man trifft die eigenen Gedanken, die irgendwann unterbrochen
wurden, die verloren zu sein schienen und das denen neue Gedankenabläufe
entstehen und uns jetzt zu dem machen können, was wir sind.
Auf einmal können wir uns daran
erinnern, wie wir sind. Wir lernen immer mehr dazu, zum Beispiel, dass man
Traurigkeit wunderbar in Dankbarkeit umwandeln kann.
So will ich nicht traurig sein, dass
es vorbei ist, sondern bin glücklich, dass ich es erleben durfte.
In diesem Sinne: Ultreia – bis zum
nächsten Mal irgendwo auf dem Jakobsweg...
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